Interview mit den Vorsitzenden der beiden Lahnsteiner Kolpingfamilien anlässlich der Seligsprechung/Romfahrt (1991)

Am 27. Oktober wird in Rom durch Papst Johannes Paul der Priester Adolph Kolping selig gesprochen. Die feierliche Seligsprechung wird das festschreiben, was Adolph Kolping im Bewusstsein vieler Menschen schon lange ist: ein heiligmäßiger Priester, der sich für Lahnsteiner Bannerträger auf dem Petersplatzdie Benachteiligten - das waren zu seiner Zeit in erster Linie die Handwerksgesellen - einsetzt. Kolping ist die persongewordene Solidarität der Kirche mit den Menschen in Ungerechtigkeit und Ausbeutung.

In Lahnstein gibt es zwei Vereine, die das Gedankengut des Sozialreformers aus Köln am Rhein auf ihre Banner geschrieben haben: Die Kolpingfamilien St. Martin und St. Barbara. Unsere Zeitung (Anmerkung des Webmasters: Rhein-Lahn-Zeitung) sprach mit Karl-Heinz Otto und Ferdinand Müller, den Vorsitzenden der beiden Kolpingfamilien.

Was bedeutet eigentlich die Seligsprechung?
Otto: Die Seligsprechung ist das Endurteil eines Prozesses, nach dem einem Menschen öffentliche Verehrung in der Kirche an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Gegend oder in einer bestimmten religiösen Gemeinschaft erwiesen werden darf. Die Seligsprechung geht nach geltendem kanonischen Recht der Heiligsprechung, nach der die Verehrung in der Weltkirche erlaubt ist, voraus. Selige und Heilige sind Menschen wie wir, wenngleich sie auch außergewöhnliche Menschen waren. Selige und Heilige sind Menschen, die ganz auf Gott vertraut haben und dadurch auch anderen den Weg zu Gott gewiesen haben. Kolping übt über seinen Tod hinaus eine Ausstrahlung auf andere aus.
Müller: Kolpings Leben war geprägt durch das Gebet, ein unerschütterliches Gottvertrauen, seine Gottes- und Nächstenliebe, seine Liebe zur Kirche und sein soziales Engagement. Die Seligsprechung bedeutet eine größere Anerkennung für unsere Kolpingfamilien im kirchlichen Raum.

Wie viele Lahnsteiner werden an den Feierlichkeiten in Rom teilnehmen?
Müller: Von uns aus St. Barbara fahren 34 Mitglieder gemeinsam mit der Kolpingfamilie Nievern mit dem Bus nach Rom.
Otto: Aus St. Martin werden 90 Kolpinger mit Bus und Bahn für zehn Tage nach Rom fahren.

Welche Schwerpunkte haben Sie sich mit der Arbeit in den Kolpingfamilien vor Ort gesetzt?
Müller: Wir haben im Frühjahr einen neuen, verjüngten Vorstand gewählt. In St. Barbara suchen wir die Kontakte zu den Bewohnern in den Aussiedlerheimen in unserem Stadtteil. Langfristig wollen wir, dass sich auch die bereits sesshaft gewordenen Aussiedler am Leben der Pfarrgemeinde beteiligen. Georg Nett wird regelmäßig einen Seniorennachmittag anbieten und Waltraud Kup hat es sich zur Aufgabe gemacht, verstärkt junge Familien anzusprechen. Eine gute Sache sind da zum Beispiel unsere Familienwanderferien im Tannheimer Tal, die 1991 vom 19. bis 26. Oktober stattfinden werden. Weiterhin sind wir bemüht, eine neue Jugendgruppe aufzubauen.
Otto: Auch wir wollen zielgruppenorientierte Arbeit machen. So gibt es seit einiger Zeit einen "Frauentreff", wo vor allem auch alleinstehende Frauen mit einbezogen werden sollen. Für Eltern mit Kindern veranstalten wir am 8. Juni auf der "Scheune" ein Abenteuerwochenende. Gerade junge Familien wurden im kirchlichen Bereich in der Vergangenheit viel zu wenig berücksichtigt.

Die Seligsprechung erlaubt die Verehrung von Adolph Kolping auch durch das Gebet. Wie soll dieses in Lahnstein geschehen?
Müller: Wir werden in der Pfarrkirche St. Barbara eine kleine Kolpingbüste aufstellen.
Otto: Es ist vorgesehen, am Adolph-Kolping-Ufer in den Rheinanlagen eine Gedenkplakette anzubringen.

Warum fusionieren die beiden Lahnsteiner Kolpingfamilien eigentlich nicht?
Müller: Eine Kolpingfamilie gehört zu einer Pfarrgemeinde, erst in zweiter Linie zu einer Stadt.
Otto: Deshalb führen wir auch die Namen "Kolpingfamilie St. Martin Lahnstein" und "Kolpingfamilie St. Barbara Lahnstein". Die Kontakte sind auch so gut zueinander, 115 von St. Barbara und 223 Mitglieder von St. Martin sind alle dem einen Kolpingwerk, Deutscher Zentralverband, mit Sitz in Köln, angeschlossen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Kolpingfamilie?
Otto: Es müssen Schwerpunkte der Arbeit gesetzt werden. Das Engagement des Einzelnen muss anerkannt und gefördert werden die tüchtigen Mitglieder verdienen mehr Anerkennung.
Müller: Eine Kolpingfamilie muss sich von anderen Vereinen unterscheiden, wenn sie als Sozialverband ernst genommen werden will. Unser Einsatz muss über den geselligen Bereich hinausgehen. Kardinal Meisner sagte einmal, "wo ich eine Kolpingfamilie weiß, das wackelt die Kirche nicht". Dafür, dass ums die Kirche nicht wackelt, dafür müssen wir sorgen.

Der heilige Vater begrüßt die Gläubigen, die aus allen Teilen der Welt angereist sind
Der heilige Vater begrüßt die Gläubigen, die aus allen Teilen der Welt angereist sind


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