Am 27. Oktober wird in Rom durch Papst Johannes Paul der Priester Adolph Kolping selig gesprochen. Die feierliche Seligsprechung wird das festschreiben, was Adolph Kolping im Bewusstsein vieler Menschen schon lange ist: ein heiligmäßiger Priester, der sich für die Benachteiligten - das waren zu seiner Zeit in erster Linie die Handwerksgesellen - einsetzt. Kolping ist die persongewordene Solidarität der Kirche mit den Menschen in Ungerechtigkeit und Ausbeutung.
In Lahnstein gibt es zwei Vereine, die das Gedankengut des Sozialreformers aus Köln am Rhein auf ihre Banner geschrieben haben: Die Kolpingfamilien St. Martin und St. Barbara. Unsere Zeitung (Anmerkung des Webmasters: Rhein-Lahn-Zeitung) sprach mit Karl-Heinz Otto und Ferdinand Müller, den Vorsitzenden der beiden Kolpingfamilien.
Was bedeutet eigentlich die Seligsprechung?
Otto: Die Seligsprechung ist das Endurteil eines
Prozesses, nach dem einem Menschen öffentliche Verehrung in
der Kirche an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Gegend
oder in einer bestimmten religiösen Gemeinschaft erwiesen
werden darf. Die Seligsprechung geht nach geltendem kanonischen
Recht der Heiligsprechung, nach der die Verehrung in der
Weltkirche erlaubt ist, voraus. Selige und Heilige sind Menschen
wie wir, wenngleich sie auch außergewöhnliche Menschen
waren. Selige und Heilige sind Menschen, die ganz auf Gott
vertraut haben und dadurch auch anderen den Weg zu Gott gewiesen
haben. Kolping übt über seinen Tod hinaus eine
Ausstrahlung auf andere aus.
Müller: Kolpings Leben war geprägt durch das
Gebet, ein unerschütterliches Gottvertrauen, seine Gottes-
und Nächstenliebe, seine Liebe zur Kirche und sein soziales
Engagement. Die Seligsprechung bedeutet eine größere
Anerkennung für unsere Kolpingfamilien im kirchlichen
Raum.
Wie viele Lahnsteiner werden an den Feierlichkeiten in Rom
teilnehmen?
Müller: Von uns aus St. Barbara fahren 34 Mitglieder
gemeinsam mit der Kolpingfamilie Nievern mit dem Bus nach
Rom.
Otto: Aus St. Martin werden 90 Kolpinger mit Bus und Bahn
für zehn Tage nach Rom fahren.
Welche Schwerpunkte haben Sie sich mit der Arbeit in den
Kolpingfamilien vor Ort gesetzt?
Müller: Wir haben im Frühjahr einen neuen,
verjüngten Vorstand gewählt. In St. Barbara suchen wir
die Kontakte zu den Bewohnern in den Aussiedlerheimen in unserem
Stadtteil. Langfristig wollen wir, dass sich auch die bereits
sesshaft gewordenen Aussiedler am Leben der Pfarrgemeinde
beteiligen. Georg Nett wird regelmäßig einen
Seniorennachmittag anbieten und Waltraud Kup hat es sich zur
Aufgabe gemacht, verstärkt junge Familien anzusprechen. Eine
gute Sache sind da zum Beispiel unsere Familienwanderferien im
Tannheimer Tal, die 1991 vom 19. bis 26. Oktober stattfinden
werden. Weiterhin sind wir bemüht, eine neue Jugendgruppe
aufzubauen.
Otto: Auch wir wollen zielgruppenorientierte Arbeit
machen. So gibt es seit einiger Zeit einen "Frauentreff", wo vor
allem auch alleinstehende Frauen mit einbezogen werden sollen.
Für Eltern mit Kindern veranstalten wir am 8. Juni auf der
"Scheune" ein Abenteuerwochenende. Gerade junge Familien wurden
im kirchlichen Bereich in der Vergangenheit viel zu wenig
berücksichtigt.
Die Seligsprechung erlaubt die Verehrung von Adolph Kolping
auch durch das Gebet. Wie soll dieses in Lahnstein
geschehen?
Müller: Wir werden in der Pfarrkirche St. Barbara
eine kleine Kolpingbüste aufstellen.
Otto: Es ist vorgesehen, am Adolph-Kolping-Ufer in den
Rheinanlagen eine Gedenkplakette anzubringen.
Warum fusionieren die beiden Lahnsteiner Kolpingfamilien
eigentlich nicht?
Müller: Eine Kolpingfamilie gehört zu einer
Pfarrgemeinde, erst in zweiter Linie zu einer Stadt.
Otto: Deshalb führen wir auch die Namen
"Kolpingfamilie St. Martin Lahnstein" und "Kolpingfamilie St.
Barbara Lahnstein". Die Kontakte sind auch so gut zueinander, 115
von St. Barbara und 223 Mitglieder von St. Martin sind alle dem
einen Kolpingwerk, Deutscher Zentralverband, mit Sitz in
Köln, angeschlossen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der
Kolpingfamilie?
Otto: Es müssen Schwerpunkte der Arbeit gesetzt
werden. Das Engagement des Einzelnen muss anerkannt und
gefördert werden die tüchtigen Mitglieder verdienen
mehr Anerkennung.
Müller: Eine Kolpingfamilie muss sich von anderen
Vereinen unterscheiden, wenn sie als Sozialverband ernst genommen
werden will. Unser Einsatz muss über den geselligen Bereich
hinausgehen. Kardinal Meisner sagte einmal, "wo ich eine
Kolpingfamilie weiß, das wackelt die Kirche nicht".
Dafür, dass ums die Kirche nicht wackelt, dafür
müssen wir sorgen.
Der heilige Vater begrüßt die Gläubigen, die aus
allen Teilen der Welt angereist sind